In Frankreich erwartet die Regierung in den nächsten Jahren einen leichten Anstieg der Wirtschaftskraft. Nach dem Haushaltsentwurf für das kommende Jahr geht die nach Deutschland zweitgrößte Wirtschaftsnation im Euro-Raum für 2015 von 1,0 Prozent Wachstum aus (2016: 1,7%, 2017: 1,9%). Im laufenden Jahr sollen es allenfalls magere 0,4 Prozent werden. Noch mehr gespart werden soll aber nicht.
Finanzminister Michel Sapin:
“Vor diesem negativen wirtschaftlichen Hintergrund hat die Regierung beschlossen, ihre in diesem Frühjahr vorgestellte Wirtschaftsstrategie beizubehalten, mit allen Verpflichtungen, mit Verantwortung für die ernste Haushaltslage. Austeritätspolitik verweigern wir.”
Bis 2017 sollen 50 Milliarden Euro eingespart werden, davon 21 Milliarden im kommenden Jahr.
Trotzdem dürfte die Neuverschuldung; dieses Jahr 4,4 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP), nächstes Jahr kaum sinken (4,3 Prozent des BIP). 2016 erwartet die Regierung 3,8 Prozent. Erst 2017 – statt 2015 – soll das Defizit wieder unter der EU-Grenze von 3 Prozent bleiben (2,8 Prozent). Frankreich hatte schon zwei Jahre mehr Zeit als andere zugestanden bekommen, um diese Marke zu erreichen.
“2.000 Milliarden Euro Schulden. Frankreich versinkt” gruselt sich der “Figaro”.
Marc Touati, Volkswirt und Chef der Beratungsfirma ACDEFI (Aux Commandes De l’Economie et de la Finance):
“Das sind nicht die richtigen Maßnahmen, die wir da ergreifen. Wir brauchen eine Schocktherapie Und diese Schocktherapie findet absolut nicht statt, weder unter Sarkozy, noch unter Hollande. Das ist das ganze Drama. Das Defizit wird weiter steigen, genauso wie die Schulden. Im Moment sieht man das noch nicht so deutlich, weil die Zinsen sehr niedrig sind. Aber eines Tages werden die Märkte aufwachen und die Zinsen werden abgehen wie eine Rakete. Dann haben wir eine Krise von griechischen Ausmaßen in Frankreich.”
Und die Schulden steigen weiter, trotz wachsender Wirtschaftsleistung: 95,3 Prozent, 97,2 Prozent, schließlich 98 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in zwei Jahren. In den Maastrichtkriterien hatten sich die EU-Staaten auf 60 Prozent Gesamtverschuldungsgrenze festgelegt.
Während der Schuldenkrise waren die Schulden der EU-Staaten freilich kräftig von 79,9 (2010) auf 87,1 (2013) Prozent gestiegen. Auch Deutschland lag 2013 saftig über der Zielmarke: 78,4 Prozent – Tendenz freilich, anders als beim Nachbarn Frankreich (93,9 %), sinkend.
Unabhängige Berater des französischen Rechnungshofes, die die Glaubwürdigkeit des Etatentwurfs prüfen, stellten zudem die Berechnungsgrundlage in Frage. Bei Unabwägbarkeiten, etwa der Entwicklung des internationalen Umfeldes und der Binnennachfrage, gehe die Wachstumsvorhersage von einem raschen
und dauerhaften Neustart wirtschaftlicher Aktivitäten aus, “die von den jüngsten konjunkturellen Indikatoren nicht angekündigt werden”.
su mit dpa, Reuters