"Ich darf genau so gut Mohammed wie Marx lächerlich machen"

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Seit ihrer Gründung 1969 hat die Wochenzeitschrift Charlie Hebdo noch nie vor einer Provokation zurückgeschreckt: Politiker, Stars und Kleriker bekamen ihr Fett weg. Das “enfant terrible” der französischen Presse blieb seiner Linie auch 2006 treu: Es veröffentlichte die zwölf umstrittenen Mohammed-Karikaturen. Als die dänische Jyllands-Posten sie abgedruckt hatte, erhielten deren Mitarbeiter Morddrohungen. Der damalige Chef von Charlie Hebdo, Philippe Val, erinnert sich: “Wir haben die Karikaturen aus Solidarität mit den dänischen Mitarbeitern veröffentlicht. Es geht hier nicht um Provokation – das Ausüben von Karikatur- und Pressefreiheit ist keine Provokation.”

Seither hagelte es Drohungen islamistischer Gruppen, doch Charlie Hebdo machte unbeirrt weiter. Im November 2011 erschien eine Spezialausgabe mit dem Titel “Scharia Hebdo”. Am gleichen Tag wurden die Geschäftsräume Ziel eines Brandanschlags. Eine der umstrittenen Mohammed-Karikaturen in der Ausgabe stammt aus der Feder von Luz: “Diese Menschen glauben nicht an Gott. Sie sind nicht religiös. Sie glauben an Feuer, gewaltsame Entführungen und Tod, aber nicht an Gott. Nur Kriminelle tun sowas.”

Am 19. September 2012 brachte Charlie Hebdo kontroverse Karikaturen, die vom islamfeindlichen Film “Unschuld der Muslime” inspiriert wurden. Der im Internet
veröffentlichte Clip führte in mehreren Ländern zu Ausschreitungen und Toten. Charlie Hebdo wurde vorgeworfen, Hass und Diffamierung zu verbreiten. Der beim Anschlag getötete Direktor Stéphane Charbonnier verteidigte sich: “Darf man sich in Frankreich nicht über Mohammed lustig machen? Natürlich darf man das, man darf hier jeden durch den Kakao ziehen. In Frankreich ist Religion eine Form der Philosophie. Ich darf genau so gut Mohammed wie auch Marx ins Lächerliche ziehen.”

Die französische Justiz war derselben Meinung und ließ die Klage gegen ihn fallen. 2013 erschien eine Sonderausgabe zum Leben Mohammeds, die von muslimischen Redakteuren zusammengestellt wurde. Charbonnier: “Niemand weiß Näheres über Mohammed oder diese Religion. Das macht Angst, denn jedes Mal, wenn man über sie spricht, geht es nur um Attentate einer extremen Minderheit. Also dachte ich mir, muss man genau dort anfangen und Mohammed und den Islam bekannt machen, bevor wir über sie – oder mit ihnen – lachen.” Nach zahlreichen Morddrohungen lebte “Chard”, so sein Spitzname, unter Polizeischutz.

Bis zu diesem Mittwoch.

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