Das türkische Parlament hat in der Nacht auf Samstag der umstrittenen Verfassungsreform für ein Präsidialsystem zugestimmt. Das von der regierenden AKP vorgelegte Reformpaket erhielt die nötige Dreifünftelmehrheit der Abgeordneten.
Präsident Recep Tayyip Erdogan müsste den Vorschlag nun unterzeichnen und damit ein Referendum einleiten, was er als Architekt der Änderungen wohl auch tun wird. Das Referendum ist die letzte Hürde auf dem Weg zu einem grundlegend umgestalteten türkischen System, für das die Befürworter mit dem Versprechen von mehr Stabilität im Land werben.
Der Präsident wäre dann nicht nur Staats-, sondern auch Regierungschef und hätte zahlreiche weitere Befugnisse. Das Amt des Ministerpräsidenten gäbe es ab den Wahlen Ende 2019 nicht mehr.
“Heute, haben wir, die Repräsentanten, die Aufgabe erfüllt, die uns gegeben wurde. Wir übergeben diese Aufgabe jetzt an das Volk, den eigentlichen Inhabern dieses Rechts. Jetzt hat das Volk das Wort”, so der AKP-Politiker und derzeitige Ministerpräsident Binali Yildirim.
Das Referendum dürfte nach den geltenden Regeln auf Ende März oder Anfang April fallen. Nötig ist dann nur noch eine einfache Mehrheit der Wähler, um die Verfassungsreform durchzuführen.
Die Opposition aus CHP und prokurdischer HDP hofft auf ein Scheitern: “Der Rechtsstaat, das säkulare demokratische System der Republik ist komplett ausgelöscht. Sie zerren die Türkei rapide in einen instabilen Zustand, in dem es keine Gewaltenteilung, keine Ausgewogenheit und Kontrolle gibt. Wenn die Öffentlichkeit gut informiert ist, wird die Antwort Nein sein”, so der CHP-Abgeordnete Ali Seker.
Der 21. Januar werde in die Geschichte eingehen, als der Tag, an dem sich das Parlament selbst entmachtete, so Oppositionspolitiker. Sie haben im Parlament nicht ausreichend Sitze, um eine Verfassungsreform gegen die Übermacht aus AKP und der nationalistischen MHP stoppen.
Während der Abstimmungen war es im Parlament immer wieder zu Handgreiflichkeiten gekommen. Am Donnerstag kettete sich eine unabhängige Abgeordnete ans Rednerpult, aus Protest gegen die Verfassungsänderungen und um die Debatte zu blockieren.