Der Tessiner Arzt Ignazio Cassis (56) rückt in die Schweizer Regierung auf. Der Kandidat der Mitte-Rechts-Partei der Liberalen (FDP) wurde am Mittwoch von beiden Parlamentskammern in den siebenköpfigen Bundesrat gewählt und vereidigt.
Cassis gehört zum rechten Flügel der Partei. Im Bundesrat sind zwei Frauen vertreten, die derzeitige Präsidentin Doris Leuthard und Justizministerin Simonetta Sommaruga.
Cassis rückt für Außenminister Didier Burkhalter (57) nach, der Ende Oktober aus persönlichen Gründen zurücktritt. Burkhalter hatte die Gespräche mit der Europäische Union über einen bilateralen Rahmenvertrag geführt. Die Schweiz ist nicht EU-Mitglied.
Ob Cassis Außenminister wird, stand zunächst nicht fest. In der Schweizer Kollegialregierung teilen die sieben Bundesräte die Ministerien nach einem Personalwechsel unter sich oft neu auf. Einer der Bundesräte übernimmt im Jahresturnus jeweils zusätzlich zu seinen Ressorts auch die Präsidentschaft.
Seit Jahrzehnten sind die vier größten Parteien im Bundesrat. Die Schweizer nennen das offiziell “Zauberformel”. Die wirtschaftsnahe FDP, die rechtskonservative Volkspartei (SVP) und die Mitte-links
Partei der Sozialdemokraten (SP) haben je zwei Sitze, die CVP einen.
Der italienischsprachige Kanton Tessin im Süden an der Grenze zu Italien war zuletzt 1999 im Bundesrat vertreten. In der Schweiz sprechen etwa 63 Prozent der Einwohner deutsch, 22,5 französisch, acht Prozent italienisch und 0,5 Prozent Rätoromanisch.
Wer mit der Wahl des italienischstämmigen Ignazio Cassis (56) in die Schweizer Regierung nun feurige Leidenschaft und Drama erwartet, dürfte enttäuscht werden. Aber so tickt die ganze Schweizer Konkordanzdemokratie nicht. Da geht es um Staatsräson, Einigkeit und Kompromisse. Als Konsenspolitiker und Brückenbauer sieht sich der Tessiner Arzt dafür wie geschaffen. Er sei als einziger Junge mit drei Schwestern aufgewachsen, sagte er einer Zeitung. “Glauben Sie mir, ich weiss, dass Machtkämpfe nichts bringen.”
“Frag Dich, was Du für dein Land machen kannst, nicht, was Dein Land für dich machen kann”, nach diesem Motto von US-Präsident John F. Kennedy habe er immer gelebt, sagte er vor der Wahl. Er hat als Gemeinderat gedient, als Kantonsarzt, als Abgeordneter und zuletzt als Fraktionschef seiner Mitte-Rechts-Partei der Liberalen (FDP). Cassis bezeichnet sich als wirtschaftsliberal und rechtsliberal. Rechts ist er vor allem mit seiner Forderung nach stärkerer Kontrolle der Migration, eher links mit dem Vorschlag, Drogen wie Arzneimittel zu regulieren statt sie zu verbieten. “Knallharter Softie”, titulierte eine Zeitung ihn. «Das gefällt mir ziemlich gut”, meinte er im Rundfunk. “Sozialkompetenz ist genauso wichtig wie die Führungskraft, man muss nur entscheiden, wo man wie sein muss.” (dpa)